philharmonisches orchester riehen
 

Der Klagegesang andalusischer Prozessionen

Das Philharmonische Orchester Riehen in der Kirche St. Michael in Grenzach-Wyhlen mit seiner öffentlichen Generalprobe.

Es scheint immer beliebter zu werden, dass Orchester Einblick in ihre Probenarbeit geben. Sei es das Kammerorchester Basel, das Sinfonieorchester Basel oder das Capriccio Barockorchester – sie alle lassen ihr Publikum in offene Proben "hineinschnuppern". Auch das Philharmonische Orchester Riehen hielt jetzt in der Kirche St. Michael in Grenzach-Wyhlen seine öffentliche Generalprobe für das Riehener Konzert am Sonntag ab. Helmut Bauckner vom Verein für Heimatgeschichte, der selbst im Orchester mitspielt, machte es möglich und moderierte auch das Programm. Die stattliche Zuhörerzahl zeigte, dass solche Angebote gerne wahrgenommen werden, zumal wenn zwei so populäre Werke aufgeführt werden wie Joaquin Rodrigos "Concierto de Aranjuez" und Beethovens "Pastorale".

So locker-leger in Jeans und Pullover sich die Musiker bei dieser Generalprobe auch präsentierten, so konzentriert ging es musikalisch zur Sache. In dem jungen argentinischen Gitarristen Fabian Cardozo hat man einen formidablen Solisten für Rodrigos berühmtes "Concierto de Aranjuez", das in spanische Gefilde führt. Die Anklänge an den Fandago im ersten Satz, das Klagelied im Adagio, den lebhaften höfischen Tanz mit seinen schnellen Rhythmus- und Taktwechseln brachten Cardozo und das Orchester unter Leitung von Jan Sosinski mit großem Klanggespür zur Wirkung. Der Gitarrensolist spielt rhythmisch hochpräzise, klangsinnlich und technisch tadellos, er hat sowohl das feurige Temperament, die Vitalität und das untrügliche Rhythmusgefühl für die Ecksätze als auch die Sensibilität für das melancholisch gefärbte Adagio, dessen wehmütiger Klagegesang an die andalusischen Prozessionen der Karwoche erinnert. Cardozo zelebrierte feinsinnige Gitarrenkunst, horchte die Sätze in den Farben und Rhythmen sehr schön atmosphärisch aus, nahm mit akzentuiertem Spiel und warmem Gitarrenklang für sich ein. Das aufmerksam reagierende Orchester spielte ebenfalls farbenreich, voller Elan und vitalem Gestus und achtete darauf, die Sologitarre klanglich nicht zu sehr "zuzudecken". Als Extra-Genuss für Gitarrenfans bot der Wahl-Basler Cardozo das Stück "Junto al Generalife" von Rodrigo als Solozugabe.

Viel vorgenommen hat sich das Philharmonische Orchester, in dem auch 16 Musikerinnen und Musiker aus dem Kreis Lörrach mitspielen, mit Beethovens Pastorale – eine enorme Herausforderung. Der in weit ausholenden Gesten dirigierende Jan Sosinski hat ganze Arbeit mit seinem Orchester geleistet und motiviert es zu einer vitalen Darstellung dieser sechsten Sinfonie. Die pittoresken Naturbilder werden mit Frische, Verve und Schwung ausgebreitet. Mit kräftigem Pinsel in leuchtenden Farben wird die heitere Stimmung auf dem Lande im ersten Satz "ausgemalt". In der Szene am Bach beschwören die Streicher und Bläser das träumerisch-friedliche Naturidyll in reizvollen koloristischen Klangeffekten. Richtig zupackend legen sich die Musiker in den derb-fröhlichen Tanztrubel im dritten Satz. Volle Orchesterkraft voraus heißt es in den Gewitter- und Sturmszenen, in denen die Musiker wie entfesselt mit vibrierender Energie aufspielen, um die Naturgewalten, das Donnergrollen, das Sturmgetöse naturalistisch darzustellen, bevor im Schlusssatz der helle, lichte Klang versöhnlich aufstrahlt – die Ruhe nach dem Sturm. Wie Sosinski mit seinen Musikern die Tonmalerei, die Kontraste und innere Spannung dieser Sinfonie herausarbeitet, das zeugt vom hohen Niveau dieses Orchesters.

– Konzert am Sonntag, 22. März, 17 Uhr, Dorfkirche Riehen

Roswitha Frey

Badische Zeitung vom 21. März 2015


Konzert Das Philharmonische Orchester spielte Rodrigo und Beethoven

«Man muss Leidenschaft spielen»

Der junge Gitarrist Fabian Cardozo begeistert Publikum, Orchester und den Dirigenten am Frühjahrskonzert des Philharmonischen Orchsters Riehen in der Dorfkiche

Das brave Abspulen bekannter Muster ist sein Ding nicht. «Ich habe einmal mit einer damals vielleicht achtzigjährigen Pianistin gespielt, deren Lehrer ein persönlicher Schüler von Franz Liszt war. Und dieser habe gesagt, so die Pinaistin, Beethoven müsse man impulsiv und mit Leidenschaft spielen, passend zu Beethovens wilder Frisur auf den bekannten Porträts. Das habe ich mir hier zur Aufgabe gemacht», sagt Jan Sosinski, der das 2004 gegründete Philharmonische Orchester Riehen seit 2006 leitet und am vergangenen Sonntag in der Riehener Dorfkirche Ludwig von Beethovens Sinfonie Nummer 6 in F-Dur, die «Pastorale», spielen liess.

Das sichtlich gut gelaunte, gleichzeitig hoch konzerntriert wirkende Orchester setzte Sosinkis Ideen auf einem für ein Amateurorchester fantastischen Niveau um und machte die Ecken und Kanten in Beethovens «Erinnerung an das Landleben», die «mehr Ausdruck der Empfindung denn Malerey» sein solle, wie der Komponist in der Überschrift schrieb, eindrücklich hör- und spürbar. Vogelgezwitscher und Vogelrufe waren als solche erkennbar, das wackelige Spiel der Landleute beim lustigen Zusammensein mit Tanz- und Marschmusik wurde hörbar und vor allem der peitschende Blitz und der grollende Donner des Gewitters im vierten Teil wühlten auf und lösten sich im abschliessenden «Hirtengesang» gleichsam erlösend in Harmonie auf.

Zuvor hatte der 28-jährige argentinische Gitarrist Fabian Cardozo das Publikum in der gut gefüllten Dorfkirche begeistert und zu Beifallsstürmen hingerissen. Cardozo, der seit 2008 in der Schweiz lebt und unter anderem an der Musikschule Riehen unterrichtet, spielte hingebungsvoll den Solopart in Joaquín Rodrigos dreisätzigem Gitarrenkonzert «Concierto de Aranjuez» und wurde dabei vom Orchester sehr gefühlvoll begleitet. Der schwungvoll-fröhliche erste Satz, ein Fandango, also ein spanischer Tanz mit akzentuiertem, arrangiert in traditioneller Sonatenhauptsatzform, wurde, wie später bei Beethoven, mit Vogelrufen durchgesetzt - hier lässt der Komponist die Töne von Nachtigall und Kuckuck erklingen, wie sie im Park des königlichen spanischen Palastes von Aranjuez zu hören waren, den Rodrigo in seinem Werk musikalisch beschreibt. Eindrucksvoll war die Umsetzung des Klagegesangs im zweiten Satz, einem Adagio, in welchem sich das Englischhorn und die Gitarre in der Melodie abwechseln, und das gefolgt wird von einem schwungvollen, im Rhythmus immer wieder gebrochenem Rondo in zügigem Tempo - allegro gentile. Zum Schluss umarmte Dirigent Jan Sosinski den Gitarristen Fabian Cardozo sichtlich gerührt und bat ihn nach langem Applaus zu einer Zugabe auf die Bühne. Cardozo spielte ein Solo, Orchestermitglieder und Publikum lauschten dem sensibel wirkenden Musiker andachtvoll - ein wunderschöner Auftritt.

Im Herbst spielt das Philharmonische Orchester Riehen als nächstes Programm Rossinis Tancredi-Ouvertüre, Tschaikowskis Serenade für Streicher opus 48 in C-Dur und Mendelssohns Konzert für Violine und Orchester in e-Moll. Die Konzerte mit der Solistin Susanne Mathé finden am letzten Septemberwochenende im Landgasthof Riehen und in der Basler Martinskiche statt.

Rolf Spriessler-Brander

Riehener Zeitung vom 27. März 2015


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